Ein Beitrag von Paul Trosien
Im Laufe der Pandemie wurde in Deutschland immer und immer wieder an die Vernunft der Bürger appelliert, sich nach bestem Wissen und Gewissen aus bereitgestellten Informationen eine Meinung zu bilden und dann eigenverantwortlich ihre Pflicht an der Gemeinschaft zu erfüllen. Kontakte beschränken, Hände desinfizieren, Mund- Nasenschutz, Impfung. Einigkeit und Recht und Freiheit. Das vermeintlich höchste Grundrecht steckt bereits im Slogan. Trotzige Impfskeptiker schmeißen einem beim harmlosen Abendspaziergang ein Grundgesetz an den Kopf. „Verpiss dich, du Volksverräter“ (Basierend auf einer wahren Geschichte). Auf freie Meinung pochend, terrorisieren „besonders“ schlaue Mitmenschen die leise Minderheit der Vernünftigen.
Politiker pochen weiter auf freie Wahl, dafür mehr Werbung und Information für die Corona Maßnahmen. Zigtausende Euro werden an Werbeagenturen überwiesen, woraufhin auf Instagram plötzlich Werbevideos in meinen Feed gespült werden, in denen die als Superheld verkleidete AHA-Regel ein Zeichentrick Virus vermöbelt. Peng!! Puff!! Nimm das du fieses Virus. Abstand! Hygiene! Alltagsmaske! Ahaaaa, denke ich mir. An Coronas Stelle hätte ich weiche Knie vor Angst.
Ich frage mich zuerst, ob auf Telegramm auch Werbung geschaltet wird. Dann wird mir bewusst, dass der Werbespot vermutlich schon längst in einschlägigen Telegramm Gruppen kursiert und massenhaft Spot auf sich zieht. Mist! Dabei war das doch DIE Geheimwaffe der Regierung. Information, Geduld und Nachsicht. Das ist weiterhin die Devise der Regierung um nicht jedem Individuum seinen einzigartigen Wert abzusprechen. Aber ist es richtig an das Gute in jedem einzelnen zu glauben in einer Zeit, in der dies Menschenleben kostet? Haben wir nicht durch Trumps Aufstieg mehr als deutlich vor Augen geführt bekommen, dass ein Großteil der Menschen anfälliger für Populismus als für Wissenschaft ist? Ist Hitler in unserer Erinnerung schon so sehr verblasst, dass wir in Deutschland überhaupt Trump als Beispiel bemühen müssen?
Es gibt Menschen in unserem Land, die nicht zugänglich für Fakten und Rationalität sind, das sollte man solangsam begreifen. Wenn man das System, welches man versucht zu beeinflussen, nicht versteht, dann laufen alle Maßnahmen ins leere. Es braucht harte Ansagen. Harte Ansagen der Vernunft an alle Corona-Skeptiker, die jede Menge Gelegenheiten hatten vernünftig zu sein. Aufrufe zum Impfen sind wie Julia Klöckners Tierwohlgesetz. Unnütz, wenn nicht sogar kontraproduktiv.
Wenn man sich schon einmal die Mühe gemacht hat, einen verbissenen Verschwörungstheoretiker von der Realität zu überzeugen, hat man vielleicht einen kleinen Einblick in diese konstruierte Scheinwelt erhalten, die seinen Erzeuger davor bewahrt, sich mit den eigenen Unzulänglichkeiten auseinanderzusetzen.
Brauchen wir am Ende eine Radikalisierung der „Corona-Befürworter“? Das könnte man sich tatsächlich momentan fragen, denn Menschen die alles tun um die Pandemie zu beenden, werden zunehmend frustriert und bräuchten Unterstützung der Politik, welche aber lieber stimmensparend versucht, Impfskeptiker nicht an andere Parteien zu verlieren.
Wenn man 2 Jahre lang seine Kontakte und Aktivitäten massiv einschränkt, und dann sieht, dass sich vor einer lauten Minderheit weggeduckt wird, die unser aller Wohl gefährdet, sorgt das verständlicherweise für Frust. Ein Musterbeispiel dieser Tage: Novak Djokovic. Sollte ein Mensch, der in der Vergangenheit neben Tennis vor allem mit Wissenschaftsleugnung und stumpfem Nationalismus auf abscheulichster Ebene aufgefallen ist, aufgrund eines gefälschten Genesenennachweises eine Sondererlaubnis zur Einreise in das Land mit den wohl restriktivsten Beschränkungen im Verlauf der Pandemie erhalten, es wäre katastrophal (Update: zum Glück nicht passiert). Wie so oft im Leben hat man das Gefühl, dass der lautere, fieseste gewinnt. Das darf die neue Regierung nicht zulassen, wenn sie sich nicht unglaubwürdig machen will, gerade nachdem man im Vorfeld der Wahl zurecht mit dem Kurs der ehemaligen Regierung hart ins Gericht gegangen ist. Jetzt wäre genau der richtige Zeitpunkt dies anzupacken. Also schlage ich vor: Lasst uns laut sein, auch als Stimme der Vernunft! Lasst uns die Ellenbogen ausfahren und uns nicht weggucken! Zeigen wir der Politik, dass wir auch Stimmen sind, die es zu behalten gilt.
Foto credit: Duncan Schaffner // unsplash
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